Das Projekt

Die Spannungshaltung im Verteilnetz ist eine zentrale technische Herausforderung bei der Integration von dezentralen, erneuerbaren Energien wie Photovoltaik, Onshore-Wind und Biogas. Bis vor einigen Jahren wurden die auftretenden Spannungsprobleme häufig über teuren konventionellen Netzausbau gelöst. Inzwischen sind einzelne innovative Konzepte zur statischen Spannungshaltung wie der regelbare Ortsnetztransformator (rONT) oder die wirkleistungsabhängige Blindleistungsaufnahme mit Photovoltaik-Wechselrichtern (z.B. mit cos?(P)-Steuerung) vielfach im Einsatz. Studien über die dezentrale Bereitstellung von Blindleistung und den regelbaren Ortsnetztransformatoren haben die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit dieser Konzepte gezeigt. Eine umfassende Betrachtung aller verfügbaren innovativen Spannungshaltungskonzepte und deren Zusammenspiel im Netzbetrieb fehlt jedoch.

In dem hier dargestellten Verbundprojekt „U-Control“ sollen daher erstmals mit Hilfe von Simulationen, Labortests und Feldversuchen detailliert und umfassend folgende Forschungsfragen untersucht werden:

  • Wie ist die Wirksamkeit verschiedener Verfahren zur Spannungshaltung im Verteilnetz?
  • Welche Robustheit haben die Verfahren im Netzbetrieb insbesondere im Zusammenspiel mit anderen Verfahren der Spannungshaltung?
  • Welche Anforderungen müssen an die Parametrierung der Verfahren bezüglich Stabilität gestellt werden?
  • Wie hoch sind die wirtschaftlichen Aufwände?
  • Wie müssen valide Nachweisverfahren beschaffen sein, um die breite Umsetzung der Anforderungen in den Verteilnetzen zu gewährleisten?
  • Welcher Parametersatz der Kennlinienverfahren zur Spannungshaltung ist optimal hinsichtlich unterschiedlicher Zielfunktionen?
Das Zusammenspiel aus Simulationen, Labortests an verschiedenen Universitätsstandorten (Round-Robin-Tests) und Feldversuchen sichert einen hohen Praxisbezug und eine Validierung der Ergebnisse.


Abbildung 1: Auflistung der im Projekt „U-Control“ untersuchten innovativen Spannungshaltungskonzepte


Die erarbeiteten Lösungsansätze und Ergebnisse bieten zukünftig Netzbetreibern einen wirkungsvollen und verständlichen Werkzeugkasten, um Problemen der statischen Spannungshaltung zu begegnen. Zudem wird den Experten- und Normungsgremien eine Informations- und Entscheidungsgrundlage zur Weiterentwicklung der regulatorischen Rahmenbedingungen für den Anschluss von dezentralen Erzeugungsanlagen in den Niederspannungs- und Mittelspannungsnetzen an die Hand gegeben. Das Konsortium erarbeitet die existierenden für die Problemstellung relevanten Lösungsansätze und bewertet diese anhand von technischen und wirtschaftlichen Kriterien.




Abbildung 2: Aufbau des Forschungsprojektes „U-Control“. Hauptschwerpunkte bilden die Simulationen, die Laborversuche und die Feldversuche bei den assoziierten Netzbetreibern


Im ersten Arbeitspaket werden eine Vielzahl an Netzdaten der beteiligten Netzbetreiber für Mittel- und Niederspannung ausgewertet und darauf aufbauend Musternetze für die Simulationen erstellt. Die Simulationen werden bei den Forschungspartnern TU Braunschweig, TU München, RWTH Aachen und FGH e.V. mit unterschiedlichen Zielsetzungen durchgeführt. Erste Ergebnisse werden Mitte 2016 erwartet. Aufbauend auf den Simulationsergebnissen erfolgt eine wirtschaftliche Bewertung der untersuchten Spannungshaltungskonzepte. Parallel zu den Simulationen und der wirtschaftlichen Bewertung finden die Laborversuche in den Testfeldern der TU Braunschweig, der TU München und der RWTH Aachen statt. Erste Ergebnisse werden hier ebenfalls Mitte 2016 erwartet. Den Abschluss dieses Arbeitspaketes bilden die sogenannten Round-Robin-Tests, welche einen Benchmark der drei Versuchslabore ermöglichen. Eine solche umfangreiche Laboruntersuchung von Spannungshaltungskonzepten parallel an mehreren Hochschulstandorten ist bisher einzigartig. Bei der Laborausstattung kann bereits auf eine vielfältige Ausrüstung aufgebaut werden. Erweitert werden die Labore im Rahmen des Projektes beispielsweise um das Betriebsmittel Einzelstrangregler und STATCOM-fähige Photovoltaik-Wechselrichter.


Abbildung 3: Netzintegrationslabor an der TU Braunschweig. Laborumgebung zur Untersuchung des dynamischen Verhaltens von Spannungshaltungskonzepten. (Aufnahme TU Braunschweig)


Die Ergebnisse aus Simulation und Labor werden ab Mitte 2016 in 3 parallelen Feldversuchen bei den beteiligten Verteilnetzbetreibern Netze BW GmbH, Bayernwerk AG und Infrawest GmbH validiert. Die Feldversuche, sowie die Laboruntersuchungen werden zudem von den beiden Industriepartnern SMA Solar Technology AG und der Maschinenfabrik Reinhausen GmbH unterstützt.

Die gewonnenen Erkenntnisse der einzelnen Arbeitspakete fließen anschließend in die Erstellung von Handlungsempfehlungen für Netzbetreiber und Mitglieder der Experten- und Normungsgremien und die Erstellung von Testverfahren ein. Abschließend erfolgt unter Hinzunahme der Ergebnisse der wirtschaftlichen Bewertung eine gesamtwirtschaftliche und technische Bewertung der untersuchten Spannungshaltungskonzepte.



Abbildung 4: Zentrum für Netzintegration und Speichertechnologien der RWTH Aachen (Aufnahme RWTH Aachen)